PARALLEL 2025
Can’t you sleep?
Alisa Omelienceva / Gallery Statement
Ein Patientenzimmer braucht Bettzeug. In den Laken verfangen sich Blut, Nachtschweiß und Traumfetzen. Das, was vor dem Sanatorium war, und das, was nach der Krankheit kommt, vermengt sich in einer diffusen Gegenwart. Das Krankenhaus ist Transitzone – zumindest wünschen wir uns das so. Ähnlich wie wir von unseren Träumen erwarten, uns am helllichten Morgen wieder zu verlassen. „Ich hatte immer Zugang zu anderen Welten. Wir alle haben das. Weil wir träumen“, beschrieb die Surrealistin Leonora Carrington die Kraft der Nacht. Doch der Traum bringt uns nicht nur ins Paradies. Oft stiftet er Unruhe in der vermeintlichen Nachtruhe. Nach Aristoteles sind Träume „Überreste der Sinneswahrnehmungen“ aus dem Wachzustand. Sie machen unser Bett zum offenen Feld, in dem sich innere und äußere Wirklichkeiten begegnen. Morgens spricht Alisa Omelianceva (*1997, Russland) ihre Traumerzählungen in ein Aufnahmegerät. Später werden diese Tonkulissen zum Schauplatz ihres Kunstschaffens. Sie hüllt ihren Körper in Straßenmarkierungsmaterial, legt den Raum in die Tonspur der Träume und bewegt sich dazu am Bettlaken. Schließlich wird dieses mit dem Körper bemalte Textil zum Versatzstück einer zutiefst persönlichen Erzählung: Trifft das Licht auf die Stoffe, reflektieren sie zurück. Und zeigen vielleicht – wie am Asphalt – die vorgegebene Begrenzungzwischen markiertem Terrain und Wildnis? Das Bett, kunsthistorisch ebenso aufgeladen wie biografisch, ist hier nicht nur Austragungsort. Es ist Bildkörper, Werkzeug, Beweisstück und Metapher zugleich – verfremdet und doch deutlich. Omelianceva spielt keine Spielchen. Sie ist direkt, bedient sich aber der Poesie – und auch der Naturwissenschaft. Der verletzte Körper und die Mittel der Medizin stehen wiederholt im Interessensfeld der Absolventin der Universität für angewandte Kunst. Ob abstrahierte medizinische Werkzeuge, die sie bildhauerisch uminterpretiert, ob analoge Fotografien, Malerei, Zeichnung oder raumgreifende Installation – Omelianceva denkt in Erzählungen. Historisch standen hier im Raum 216 vier Patientenbetten. Patientenzimmer sind keine Operationssäle, sondern Menschensäle. Mit der „Vermenschlichung“ der Architektur, vor allem im Sanatorium Kontext, beschäftigte sich etwa der finnische Architekt Alvar Aalto (1898–1976). Er betonte: „Das gewöhnliche Zimmer ist für einen aufrecht stehenden Menschen; ein Krankenzimmer hingegen für einen liegenden Menschen. Farben, Beleuchtung, Heizung und anderes müssen dafür ausgelegt sein.“ Auch die Künstlerin setzt den Maßstab des liegenden Körpers an. Ebenso folgt sie Aaltos Idee, die Lichtsetzung abzustimmen. Das Fenster deckt sie mit Isolationsfolie ab, sodass die Reflexe des Raumes verstärkt zwischen Betrachter:innen und Werken wechseln. „Liebevoll umarmen Sie den schönen Körper der Sie umarmt“, nennt die Künstlerin ihre Arbeiten auf Leintüchern. Der Projekttitel der Serie – mit der sie 2023 das Ö1 Talente-Stipendium erhielt – geht auf eine Verwechslung von‚umarmen‘ mit dem englischen ‚unarm‘ (entwaffnen) in Orhan Pamuks Erzählung Können Sie nicht schlafen? zurück. Für die PARALLEL VIENNA 2025 erweitert sie diesesKonzept am historisch aufgeladenen Ort der Baumgartner Höhe. Das Otto-Wagner-Spital, 1907 als psychiatrische Heilanstalt errichtet, stand stets im Spannungsfeld zwischen Fürsorge und Kontrolle, Heilung und Ausgrenzung. Während des Nationalsozialismus in die Euthanasieprogramme verstrickt, ist die Anlage auch ein eindringliches architektonisches Zeugnis dafür, wie strenge Ordnung über das vermeintlich Irrationale des Krankseins gestellt wurde. Omelianceva erkennt wiederholt Parallelen zwischen Medizin und Kunst. Etwa ist für die Medizin wie für die Skulptur der Körper das Werkzeug. Ein Verweis auf Alisa Omeliancevas bildhauerischen Fähigkeiten versteckt sich unaufgeregt im Raum: ein dysfunktionaler Schlüssel lässt vermuten, dass man seinen Träumen kaum entkommen kann.
Text: Paula Watzl, September 2025
September 10th – 14th 2025
Pavillon 07, Room 216
Otto-Wagner-Areal
Baumgartnerhöhe 1
1140 Vienna
Die Affordable Art Fair kommt 2025 erstmals nach Wien!
Erleben Sie mit uns eine faszinierende Woche voller Kunst. Freuen Sie sich auf ein vielfältiges Angebot österreichischer und internationaler Galerien mit einer Mischung aus etablierten und aufstrebenden KünstlerInnen.
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STAND D4
KATER D.
JEREMIAS ALTMANN
ILONA RAINER-PRANTER
ANNA PELZ
ÖFFNUNGSZEITEN
Donnerstag, 22. Mai:
Vernissage: 14:00 – 21:00
Freitag, 23. Mai:
12:00 – 21:00
Art@Sunset: 17:00 – 21:00
Samstag, 24. Mai:
10:00 – 19:00
Familienstunde: 10:00 – 12:00
Sonntag, 25. Mai:
10:00 – 18:00
Familienstunde: 10:00 – 12:00